Festtags-Gericht für 7 Personen

Zutaten:

– ein mittelaltes Nervenbündel
– zwei ungefähr gleich große Dickköpfe im Schlafrock
– zwei ältere Plunderteilchen
– ein Egomane
– ein stilles Wasser
– musikalische Garnituren
– 1 Flasche Champagner
– 3 Flaschen Rotwein
– 5-6 Flaschen Weißwein
– 1 Glas Whisky
– ein Rest Stille

Damit das Nervenbündel am Ende zart zerfällt, legt man es am besten zunächst eine Woche in eine sog. Berliner Marinade: eine Mischung aus gut abgelagertem Freundschaftsöl, wenigen depressiven Alterszehen, mildem Langmut und etwas Chili.

Einen Tag vor dem Fertigstellen des Menüs schickt man die Marinade weg und legt das Stück eine Nacht in Rotwein. Am nächsten Morgen stellt man fest, dass es bereit ist, weich geklopft zu werden, am einfachsten durch haushaltsübliche, morgendliche Diskussionen. Dabei ist jedoch darauf zu achten, das stille Wasser nicht mit ungefähren Aufgaben zu betrüben. Diese lassen sich leichter und schneller selbst erledigen.

Als nächstes befreit man eins der beiden Teilchen von seiner abgeblätterten Hilfsbereitschaft, indem man aus exakt 0,7 Esslöffel Kaffeepulver der Marke Extrawurst und 0,42 l Wasser eine leichte Plörre bereitet. Dazu reicht man ein kleines Frühstück mit Süßrahmbutter (auf keinen Fall Sauerrahmbutter verwenden). Während die weiteren Abläufe des Menüs innerlich konzentriert vorbereitet werden, lässt man das Plunderstückchen plaudern, bis es an der frischen Luft abkühlen kann. Dies geschieht am besten in der Nähe des zweiten Teilchens. Rechtzeitiges Abholen der beiden Zuckerstücke nicht vergessen!

Nun holt man die Dickköpfe aus dem Quark und spült sie mit Munterkeit ab. Dann hebt man vorsichtig leichte Andeutungen, was zu tun sei, unter. Keinesfalls darf die Laune zusammenfallen, da sonst der Tag ungenießbar wird. Um die Hilfsbereitschaft aufgehen zu lassen, fügt man der Brut am besten ein langsames Frühstück und unweihnachtliche Rhythmen zu. Anschließend kann mit der Dekoration des Nadelbaums begonnen werden. Ein Glas Rotwein entspannt dabei die Oberfläche.

Das Garen des Nervenbündels erledigt sich fast von alleine. Hin und wieder kann das stille Wasser mit einer nicht zu beantwortenden Frage den Bratvorgang unterstützen. Hilfreich ist auch, die verwendeten Kochutensilien nicht zu spülen und wegzuräumen und mit der Fertigstellung des festlichen Tisches zu warten, bis das Nervenbündel unter dem butterweichen Rat zusammenbricht, sich doch auch eine Weile hinzulegen.

Unter allmählichem Hinzufügen von weiterem Rotwein, hastig verpackten Geschenken, angelaufenen Silberleuchtern und mehr und mehr weihnachtlich gewürzten Musikalien lässt man das Nervenbündel dann so lange köcheln, bis die Plunderteilchen angekommen und begrüßt sind und der Champagner geöffnet werden kann. Die Dickköpfe sind Honigkuchen geworden, das stille Wasser taucht aus Hausestiefen auf, eins der Plunderteilchen seufzt gerührt, während das andere in Bach und Tränen badet. Dann werden Geschenke gereicht.

Etwa eine halbe Stunde, nachdem der erste Gang verzehrt ist, kommt der Egomane zu Tisch. Aufgrund seiner öligen Struktur vermischt er sich nicht mit den vorhandenen Flüssigkeiten, was sein unerschütterliches Selbstbild erklärt. Damit die familiäre Heiligkeit jetzt nicht klumpt oder kippt, sollte man ausreichend Alkohol zuführen. Dadurch lässt sich die Unverträglichkeit der molekularen Strukturen zwar nicht aufheben, aber die Soße wird dicker. Dem Abgang der narzisstischen Erscheinung nach etwa zwei Stunden folgt eine schlagartige Erschöpfung des Gästerestes. Plunderteilchen und Dickköpfe verziehen sich, auch das stille Wasser sagt nicht mehr viel. Mit einem Glas Whisky begießt das Nervenbündel die Stille und gerinnt zu der Erkenntnis, dass auch der Alkohol ermattet.

Wohl bekomm’s!

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